In den Fünfzigerjahren unternahm ich vom elterlichen Haus in Remagliasco aus Streifzüge hinauf zu verlassenen und zum Teil eingestürzten Weilern. So erkundete ich eines Tages auch Uluchèe. Die Inhaberinnen des Ristorante Salmina in Corcapolo hatten uns erzählt, dass die beiden gegen die Strasse hin an der Aussenmauer befestigten Tischplatten aus einem Marmorsteinbruch im Val di Remagliasco stammten.

Auf einer 1936 gedruckten Landkarte war der Weiler als „Olocaro“ eingetragen.

Nachdem ich dort grosse Blöcke aus bläulichem Marmor entdeckt hatte, vermutete ich, dass im Namen „Olocaro“ die lateinischen Wörter „solum“ (Boden, Erde, Grund) und „carus“ (teuer, wert) enthalten sein könnten. Ich bat meinen Vater, mich zum Fotografieren nach Uluchèe hinauf zu begleiten.

Zum Grössenvergleich stellte ich mich neben zwei Blöcke.

In der Nähe fanden wir im Wald die betonierte Verankerung für eine Seilbahn. Von hier hätte der Marmor wohl zum inzwischen gänzlich zerfallenen Weiler Maia und von dort an die gegenüberliegende Talseite transportiert werden sollen.
Für mein 1972 im Verlag Paul Haupt erschienenes Heimatbuch „Die Centovalli“ fotografierte ich 1970 Olocaro / Uluchèe vom Weiler Corte Antico aus.

In der Nähe des Steinbruchs hatten die Behörden von Locarno um 1920 eine Quelle für die Trinkwasserversorgung der Stadt fassen lassen. Weil sie befürchteten, dass die Arbeiten im Steinbruch die Fassung gefährden könnten, musste der Steinbruch stillgelegt werden. So bleiben die zum Abtransport bereiten Marmorblöcke wohl für immer im Wald von Uluchèe versteckt.