Während ich vor dem Haus, eingetaucht in den Zimtduft der Antilopenbuschblüten, in der sommerlichen Wärme Gartenkräuter trocknen kann, lässt das Schmelzwasser in unserem Tal und in den Nachbartälern die Bäche, Flüsse und Seen weiterhin über die Ufer treten. Viele Häuser mussten und müssen noch evakuiert werden. „Die Überschwemmungen strafen uns für unsere irdischen Sünden“, schrieb der Herausgeber des „Oliver Chronicle“ in einer seiner Kolumnen. Er meine es nicht im biblischen Sinn. Mutter Natur habe genug von uns und wir müssten ihr dringend helfen, indem wir verantwortungsvoll mit der Erde umgingen. Im Radio ist die Rede davon, dass wir uns an die neuen klimatischen Gegebenheiten anzupassen haben. Und etwas südlich von uns regiert ein Präsident, der den Klimawandel für einen „joke from China“ hält.
Als wir im April eine schon fast sommerliche Woche in Grindelwald genossen, sahen und hörten wir auch viel Schmelzwasser zu Tal fliessen und rauschen. Auf der Terrasse mit Blick auf die Eigernordwand blätterte ich in einem 2015 im Sachbuchverlag Ott erschienenen Buch von Katharina Balmer. Es trägt den Titel „Als Gletscher noch aus Eis waren – Jungfrauregion einst und jetzt“. In unserem Fotoalbum von 1985 finde ich eine Aufnahme vom oberen Gletscher in Grindelwald. Heute ist dort kein Eis mehr zu sehen.