Remagliasca heisst der Bach, der im Weiler Remagliasco an den Häusern meiner Eltern und Grosseltern vorbeifliesst. Bevor er als Wasserfall über eine senkrechte Felswand in die Melezza stürzt, bildet er die Grenze zwischen dem Land meiner Grosseltern und Eltern. Häuser und Land gehören heute einer unserer Nichten.

Für meinen Bruder und mich und unsere etwa gleichaltrigen benachbarten Tessiner Freunde waren der Bach und seine Ufer mit ihren grossen Felsblöcken und kleinen Sandbänken ein wunderbarer und nicht ganz ungefährlicher Spielplatz.

Um zu unserem „Seelein“ zu gelangen, mussten wir an manchen Stellen über glatt-geschliffene Granitblöcke klettern.

Das Seelein war immerhin so gross, dass wir darin ein paar Züge schwimmen konnten. Dabei betrug die Wassertemperatur auch im Sommer kaum mehr als 18 Grad Celsius.

In Ufernähe fand ich im seichten Wasser immer wieder Steine, die Quarz und Glimmer enthielten oder blau-weisser Marmor waren. Und eines Tages, ich ging damals in die sechste Klasse, glaubte ich, einen von Wasser und Sand abgeschliffenen kleinen Rubin in der Hand zu halten.

In der Mineraliensammlung des Naturhistorischen Museums in Bern hatte ich einen Rubin gesehen, der aus dem Tessin stammte. Ich brachte meinen Fund zur Bestimmung ins Museum. Dort wurde mir erklärt, dass es sich um einen roten Granat handelte. Granat ist ein komplexes Mineral mit dem Härtegrad 6.5 bis 7.5 auf der Mohsschen Skala von 1 bis 10. Er kommt in allen Farben vor, wobei Blau selten ist.

Später, mein Bruder war sechzehn, ich achtzehn, beschlossen wir, von der Leventina aus über den Campolungo-Pass ins Maggiatal und von dort in die Centovalli zu wandern.

Auf der Passhöhe entdeckte ich in den Felsblöcken Granatkistalle.Es gelang mir, einige mit dem Schraubenzieher meines Taschenmessers herauszubrechen.

Nach acht Stunden Marsch – unsere Rucksäcke waren uns immer schwerer vorgekommen – kamen wir erschöpft in Fusio an, wo wir für die Nacht eine günstige Unterkunft zu finden hofften. Dass ich an diesem wolkenlosen Tag ohne Sonnenbrille gewandert war, hatte sich gerächt: Ich litt an stark entzündeten Augen, konnte so nicht mehr weiterwandern. Auf dem Dorfplatz trafen wir ein Deutschschweizer Ehepaar, das sich anerbot, uns in ihrem Auto in die Centovalli zu fahren, wo wir von Corcapolo aus nach Remagliasco wandern konnten. In der Apotheke von Cavigliano kaufte meine Mutter am nächsten Tag eine Augensalbe, die zum Glück rasch wirkte.
Schon in der Bronzezeit war der Granat ein beliebter Schmuckstein. Hier drei wohl etwa hundertjährige Beispiele:

Der Granat ist dem Sternzeichen des Wassermanns zugeordnet. Er soll wohltuend bei Stress, Blutarmut und Herzrhythmusstörungen wirken und das Herz stärken. Er gilt als der Stein der Stärke und des Selbstbewusstseins. Er schenkt Mut und Selbstvertrauen und kann dabei helfen, Ängste und Depressionen zu überwinden. Er ist bekannt für seine energiegeladene Wirkung und kann dazu beitragen, Energie und Lebensfreude zu steigern.