Trauer und Empörung

Mit einer Radarsonde wurde auf dem Areal der einstigen „Residential School“ in Kamloops, British Columbia, das nicht markierte Massengrab für 215 First Nations-Kinder entdeckt. Die Schule war im Auftrag der kanadischen Regierung von der katholischen Kirche geführt worden.

Ich denke an das 2012 erschienene Buch „The Inconvenient Indian“ des indianischen Schriftstellers Thomas King. Es ist ein aufrüttelnder Gang durch die Geschichte der von den Weissen gebrochenen Verträge, der unterdrückten indianischen Kulturen, der staatlich abgesegneten christlichen Internatsschulen, in denen „zahllose indianische Kindheiten ans Kreuz geschlagen wurden“. Der Papst hat die erschütternde Entdeckung „con dolore“ zur Kenntnis genommen. Die kanadischen First Nations erwarten von ihm, dass er sich im Namen der Kirche entschuldigt.

Auch für die kanadische Regierung besteht – um den Poltiker-Jargon zu übernehmen – „dringender Handlungsbedarf“!  

In Kanada sind die Fahnen an allen öffentlichen Gebäuden auf Halbmast gesenkt. In Oliver bei der Feuerwehr…

… vor der Town Hall…

… und bei der High School. Schülerinnen und Schüler haben orange Bänder vor den Eingang gehängt.

1973 wurde der sechsjährigen Phyllis Webstad an ihrem ersten Tag in einer Residential School ihre leuchtend orange Bluse weggenommen, auf die sie so stolz gewesen war. Seit 2013 ist der 30. September als „Orange Shirt Day“ ein Gedenktag für die Residential School-Kinder. Die ersten Residential Schools waren um 1870 eröffnet worden. 1996 schloss in Saskatchewan die letzte ihre Tore. Man nimmt an, dass insgesamt 150’000 First Nations-, Inuit- und Métis-Kinder zum Besuch einer Residential School gezwungen worden waren.

Chief Clarence Louie erinnert daran, dass auch manche Kinder der Osoyoos Indian Band ihren Eltern weggenommen und nach Kamloops geschickt wurden.