Nach dem Dichter Stefan George verliess der Anarchist Michail Bakunin mein Buchprojekt „Tal“. Er zog sich in die Villa „La Baronata“ in Minusio zurück, die ihm der italienische Revolutionär Carlo Cafiero finanziert hatte. Auf Cafieros Rat hin beantragte er, ohne Erfolg, in Mosogno im Onsernonetal das Schweizer Bürgerrecht. Ein Schweizer Pass wäre eine Art Schutzbrief für ihn gewesen.
BAKUNIN mit Vehemenz. Alle Klassen, Rangstufen, Privilegien und Unterschiede aller Art sind abzuschaffen und es ist die absolute Gleichheit der politischen Rechte zu verwirklichen. Die Frau ist in jeder Beziehung gleichberechtigt wie der Mann, da sie zwar von diesem verschieden ist, aber ihm nicht nachsteht, intelligent, arbeitsam und frei ist wie er.
Mein Bruder und ich besuchten 1982 die zerfallende Villa. 1983 schrieb ich in Bern das Bakunin-Hörspiel „Ich habe mein Lied zu Ende gesungen“. Es wurde 1984 von Radio DRS gesendet. 2014 war es auf SRF 1 Kultur in einer Sendung zum 200. Geburtstag von Bakunin wieder zu hören.
Die Haushaltshilfe GIUSEPPINA: Guten Morgen, Herr. Bin ich zu früh?
BAKUNIN: Nein. Du kannst das Fenster ganz öffnen. Und vielleicht gewöhnst du dir das „Herr“ doch noch einmal ab. Ich bin Michele.
GIUSEPPINA: Jawohl, Signor Michele.
BAKUNIN: Michele, Donnerwetter! Einfach Michele! Denn erstens gibt es nur einen Herrn, und der ist im Himmel, und zweitens habe ich ihn dort oben auch abgeschafft.
Die Hörspiel-CD zeigt, wie sich die „Baronata“ 1982 präsentierte. Auf dem Foto von 1993 thront sie hoch über dem nördlichen Eingang des Umfahrungstunnels von Locarno.